Logo Rocketeer

Digitalrat

Mit High Speed ins digitale Augsburg

Gespräch mit Richard Goerlich und Fabian Ziegler vom Digitalrat Augsburg
Ein Gespräch mit Richard Goerlich und Fabian Ziegler
Ein Gespräch mit Richard Goerlich und Fabian Ziegler über den Digitalrat Augsburg

Der Augsburger Digitalrat will für die Stadt durch Digitalisierung mehr Lebensqualität schaffen. Wie das gelingen soll und was und wer hinter dem Digitalrat steckt, das erklären der Vorsitzende Richard Goerlich, Chief Content Officer und Geschäftsführer der Klassik Radio AG, und sein Stellvertreter Fabian Ziegler, Gründer und Geschäftsführer der Digitalagentur TEAM23.

Richard Goerlich und Fabian Ziegler

Richard, Fabian, in zwei Sätzen: Was ist der Digitalrat?

Fabian: Unser Ziel ist es, das Thema Digitalisierung positiv aufzuladen und Augsburg so zu einer noch lebenswerteren Stadt zu machen. Ob Inklusion oder die Integration älterer Menschen in die Gesellschaft: Das sind alles Themen, die durch Digitalisierung erleichtert werden und Chancen schaffen können.

Richard: Wobei wir Digitalisierung weniger als etwas Technisches, sondern mehr als etwas, das die Gesellschaft verbindet, verstehen. Stichwort Konnektivität.

Und warum braucht es eurer Meinung nach einen Digitalrat?

Fabian: Digitalisierung ist eines der wichtigsten Themen in den nächsten Jahren und wir in Augsburg wollen hier ganz vorne mit dabei sein. Deswegen ist ein Digitalrat, quasi als Klammer um dieses Thema, für die Stadt unglaublich wichtig.

Richard: Den Digitalrat auf Bundesebene gibt es ja ­bereits. Und diese Idee auf lokale Ebene herunterzubrechen, ist sehr spannend. Wir machen es jetzt mal wie bei vielen Projekten in der Digitalisierung: „trial and error“. Wir wollen einfach rausfinden, welche positiven Aspekte der Digitalisierung auf die Stadtgesellschaft Einfluss haben können.

Wie genau setzt sich der Digitalrat zusammen?

Richard: Der Digitalrat ist sehr groß – Außenstehende würden vielleicht sogar sagen: „zu groß”. Er ist paritätisch besetzt: Stadträte, Vertreter aus Unternehmen und anderen städtischen Beiräten wie Integration, Seniorenbeirat oder Gleichstellung. Den Initiatoren war eine ausgewogene Beteiligung wichtig. Wir schauen uns das jetzt mal drei Jahre lang gemeinsam mit der Stadtverwaltung an und dann werden wir sehen, ob man an dieser Zusammensetzung arbeiten muss. Um agil zu bleiben, haben wir den Rat auf fünf Arbeitsgruppen heruntergebrochen: Forschung & Lehre, Verwaltungsdigitalisierung, Wirtschaft, digitale Stadtgesellschaft sowie Vision Netzwerk & Kommunikation.

Welche konkreten Handlungsmöglichkeiten hat der Digitalrat?

Richard: Wir arbeiten alle ehrenamtlich und verstehen uns nicht als professionelle Beratungsagentur, das gäbe alleine unsere Zeit nicht her und unsere Satzung auch nicht. Wir vernetzen vielmehr und stellen das Know-how aus den einzelnen Arbeitsgruppen zur Verfügung. Also keine Umsetzer, sondern Kommunikatoren. Wir organisieren in den kommenden drei Jahren hoffentlich einige Veranstaltungen, beraten den Stadtrat und helfen der Verwaltung, der Digitalisierung ein Gesicht zu geben.

Warum ein Vorstand aus der Unternehmenspraxis und keiner mit politischem Hintergrund?

Richard: Die Stadträte, also die politischen Vertreter, sind im Digitalrat laut Satzung „beratend“ an Bord und keine vollwertigen Mitglieder. Wir halten es für enorm wichtig, dass Unternehmensrepräsentanten ein gewichtiges Wort mitreden. Denn was die Verwaltung nicht braucht, ist zusätzliches Verwaltungs-Know-how.

Wir bieten den Blick von außen, stecken nicht mit Tunnelblick in den bestehenden Strukturen und können so besser Impulse setzen.

Auf Bundesebene gibt es den Digitalrat bereits seit 2018. Wieso hat es so lange gedauert, bis dieses Konstrukt auf lokaler Ebene eingeführt wurde?

Fabian: Stand heute sind wir die einzige Stadt in Deutschland, die einen Digitalrat hat. Die erste Idee für einen Digitalrat gab es bereits vor der Wahl Eva Webers zur Oberbürgermeisterin – damals eher in beratender Funktion. Doch bis ein solcher Rat ein offizielles Gremium einer Stadt wird, braucht es einfach eine gewisse Zeit.

Aber gerade in Sachen Digitalisierung ist Geschwindigkeit alles. Wie kann das Tempo jetzt Fahrt aufnehmen?

Richard: Wenn man in die Unternehmer- und Start-up-Landschaft in Augsburg blickt, sieht man, dass hier in Sachen Digitalisierung schon ein unglaubliches Tempo gefahren wird. Auf politischer Seite kann man hier sicherlich noch PS auf die Straße bringen. Aber genau das soll der Digitalrat ja nun leisten. Fakt ist: Demokratie ist langsam – doch das muss nichts Schlechtes sein. Bei der Digitalisierung sind die unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Politik und Wirtschaft sogar von Vorteil. Während die Unternehmen „einfach mal machen“, muss sich die politische Seite verstärkt mit rechtlichen Rahmenbedingungen und Datenschutz beschäftigen. Das erzeugt Reibung – und aus dieser Reibung kann etwas Großes entstehen.

Digitalisierung wird ja nicht immer als positiv wahrgenommen. Maschinen können Jobs wegnehmen und Menschen abhängen, weil sie einfach nicht mehr hinterherkommen. Wie seht ihr das?

Fabian: Tatsächlich erleben auch wir, dass durchaus Ängste gegenüber der neuen Technik vorhanden sind. Wir wollen durch niederschwellige Angebote diese Ängste überwinden und das Positive nach vorne stellen. Wir müssen zeigen, dass man durch den Einsatz von Technologie viel besser und schneller zusammenarbeiten kann. Man muss die Möglichkeiten der Digitalisierung erleben, dann verliert man auch die Angst davor.

Richard: Ein schönes Beispiel aus dem Smart Home: Während ein junger Mensch den Komfort genießt, wenn der Kühlschrank ungefragt seine Bestellung im Supermarkt aufgibt, möchte ein älterer Mensch vielleicht nicht unbedingt, dass eine KI weiß, wie viel Milch er oder sie am Tag trinkt. Für diese Person stellt es eher eine Bedrohung dar, wenn die Maschine mehr über sie weiß, als sie von sich preisgeben möchte.

Aber da prallen dann schon Welten aufeinander …

Fabian: Und genau das ist gewollt. Denn durch diese unterschiedlichen Welten entsteht positive ­Reibung. In digitalen Kollaborationswerkzeugen oder Hybrid-Meetings entstehen dabei neue, belastbare Ideen, die aus diesen ­unterschiedlichen Blickwinkeln entstanden sind. So erleben wir alle auch gleich die Vorteile der digitalen Zusammenarbeit und agiler Methoden.

Ist denn die Verwaltung schon so weit, um mit diesen Methoden zu arbeiten?

Richard: Die Verwaltung ist an ­vielen Stellen viel weiter, als man denkt. Aber sicher werden wir auch auf Konfliktfelder stoßen.

Fabian: Und diese Konflikte helfen uns dann wieder, die Pain Points zu finden, die wir angehen können. Die Mischung hat es in sich – aber genau diese heterogene Zusammensetzung wird uns nach vorne bringen.

Auch die Bürger:innen sollen sich aktiv bei der Digitalisierung der Verwaltung einbringen. Wie wollt ihr das erreichen?

Richard: Uns schwebt eine Partizipationsplattform vor. Denn das Schwarmwissen kann wahnsinnig hilfreich sein. Beispielsweise ließe sich so herausfinden, welche Dienstleistungen der Stadtverwaltung den Augsburger:innen besonders wichtig sind. Dann lassen sich die Prozesse möglicherweise besser priorisieren und schnellere Erfolge erzielen, die bei allen positiv ankommen.

Auf Bundesebene gibt es die Diskussion um ein eigenes Digitalministerium. Wie seht ihr das – brauchen wir ein „Digitalamt“ in Augsburg?

Fabian: In Ansätzen gibt es das ja bereits. Die Geschäftsstelle Smart City wird aktuell aufgebaut, das Amt für Digitalisierung bekommt mehr Durchschlagskraft. Die Herausforderung ist eher, die große Klammer über all diese Themen zu spannen. Vor allem die Vernetzung der vielen Einzelmaßnahmen ist hier entscheidend. Denn da gibt es unserer Meinung nach viele Synergien, die genutzt werden könnten, wenn nicht jeder „in seiner eigenen Suppe schwimmt“. Fortschritte, wie beispielsweise die Digitalisierung des Behördengangs, werden sicherlich nicht durch ein Ministerium angestoßen werden. Es geht darum, dass gesetzliche Rahmenbedingungen festgelegt werden, innerhalb derer dann Innovationen erarbeitet werden können.

Richard: In ein paar Jahren kann ein Referat für Digitalisierung durchaus Sinn machen. Im Moment sind die erkennbaren Einzelinitiativen und -strukturen in der Verwaltung durchaus ein guter Status quo.

Gibt es schon etwas Berichtenswertes nach den ersten vier Monaten?

Fabian: Wir haben die Arbeitskreise etabliert. Das ging wahnsinnig schnell – was sicherlich dem hohen Engagement der Mitglieder zu verdanken ist. Wir haben Leitbild, Vision und Ziele erarbeitet, und das in einer Visualisierung festgehalten.

Richard: Aktuell arbeiten wir uns in die Digitalisierungsfortschritte der Verwaltung ein. Wir wollen hier zusätzliches Know-how einbringen und Impulse setzen. Bald wollen wir unser Leitbild im Stadtrat vorstellen – und hier gibt es sicherlich Potenzial, die Chancen aufzuzeigen, die Digitalisierung bietet. Auch Stadtteilvertreter:­innen können wir neue Möglichkeiten aufzeigen: Stichwort Einzelhandel versus Amazon. Wir können erklären, warum das Aussterben des Einzelhandels nicht zwingend auf den Onlinehandel zurückzuführen ist, sondern wie online und der lokale Handel positiv ineinandergreifen.

Mit welcher Vision seid ihr ganz persönlich an das Thema Digitalrat herangegangen?

Fabian: Ich lebe nicht nur in meiner Agentur, sondern auch privat die Digitalisierung sehr stark und erlebe dadurch die Chancen, die Technologie bietet. Ob Wirtschaft, Wohlbefinden oder Kultur: Digitalisierung wird sich auf alles niederschlagen – und alles zum Besseren verändern. Ich möchte einfach, dass Augsburg hier ganz vorne mit dabei ist, damit wir gemeinsam eine positive Zukunft für die Stadt gestalten können.

Richard: Ich habe die Idee in Berlin über ein Mitglied des Bundesdigitalrats kennengelernt und wollte, als OB Eva Weber den Rat hier in Augsburg etabliert hat, unbedingt dabei sein. Ich möchte gerne ein Teil dieses wichtigen Prozesses für die Gesellschaft sein und positive Veränderungen anstoßen.

Schauen wir mal drei Jahre nach vorne – ans Ende der ersten Digitalratsperiode. Was möchtet ihr bis dahin erreicht haben?

Fabian: Ich wünsche mir, dass Digitalisierung dann einen noch höheren Stellenwert hat und als Türöffner wahrgenommen wird.

Richard: Für mich ist wichtig, dass die politische Gewichtung des Themas enorm zugenommen hat und die Digitalisierung nicht als Gefahr, sondern als uns miteinander verbindende Chance in allen Bereichen der Stadtentwicklung Einzug gehalten hat.

 

 

Triff Richard Goerlich auf dem Rocketeer Festival 2022!

Sichere dir jetzt dein Ticket!

Hier weitere interessante Themen für euch

Warum Augsburg ein Hidden Champion für Start-up Gründungen ist – Rocketeer
Innovative Mobilität der Stadtwerke Augsburg – Rocketeer
Flugtaxi Start-up kommt nach Augsburg – Rocketeer

Lies auch: