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Steuersenkungen

Wie viel vom Tankrabatt kommt wirklich bei uns an?

Seit Anfang Juni laufen sie: die umgangssprachlich als „Tankrabatt“ bezeichneten temporären Steuersenkungen auf Benzin und Diesel. Seit die Idee aufkam wird sie kontrovers diskutiert - vielfach heißt es, die Ölkonzerne würden sich den Löwenanteil in die Tasche stecken. Doch was ist dran an dieser Behauptung?

Deutschland ist Autoland, das gilt auch 2022 noch. Deshalb sind Diskussionen rund um unser Fortbewegungsmittel Nummer eins immer auch von einer emotionalen Komponente geprägt. Nun sind die Spritpreise seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine im Februar enorm gestiegen, zeitweise lagen waren sie so hoch wie noch nie. Das ist, neben der bereits schon existierenden Inflation (welche natürlich auch durch die Kraftstoffpreise angetrieben wird) eine weitere harte Belastung für viele Verbraucher:innen. Aus diesem Grund senkte die Bundesregierung auf Bestreben der FDP, zeitlich begrenzt auf Juni, Juli und August, die Energiesteuer.

Spüren wir eine Entlastung?

Um knapp 30 Cent beim Liter Benzin und rund 14 Cent beim Liter Diesel sollten Autofahrer:innen theoretisch entlastet werden. Tatsächlich sanken die Preise Anfang Juni spürbar. Diese Entwicklung hielt jedoch nicht lange an. Dennoch kommt ein Forschungsprojekt der FernUniversität Hagen zu dem Ergebnis, dass der Tankrabatt zumindest Anfang Juni größtenteils an die Autofahrer:innen weitergegeben wurde. Im Rahmen eines Ökonometrie-Kurses von Prof. Hans-Jörg Schmerer und Jacqueline Hansen untersuchten Studierende mithilfe einer Statistik-Software die Spritpreise an 20 Tankstellen in Hagen und verglichen sie mit denen in Österreich. Dabei stellten sie fest, dass zwar die Preise in Deutschland nach einem ersten Sturz wieder stiegen, diese Entwicklung jedoch auch in Österreich zu beobachten war. Dort gibt es keine Steuererleichterung, was vermuten lässt, dass der Anstieg in Deutschland nicht auf den Tankrabatt zurückzuführen ist.

Überlegt tanken kann sich auszahlen

Schmerer und Hansen raten den Verbraucher:innen strategisch zu handeln, um beim Tanken möglichst viel zu sparen. Dazu empfehlen sie vor allem online die Preise an verschiedenen Tankstellen zu vergleichen und auch mögliche Wartezeiten an den günstigeren Tankstellen in Kauf zu nehmen. Somit entsteht ein Konkurrenzdruck auf umliegende Tankstellen, die sonst auf Kosten der Autofahrer:innen ihre Gewinnspanne erhöhen könnten, indem sie einen größeren Anteil des Tankrabatts einbehalten. Gleichzeitig vermutet Schmerer, dass sich zukünftig etwa die Hälfte des Tankrabatts im Geldbeutel der Verbraucher:innen bemerkbar machen wird. Die andere Hälfte, befürchtet er, werde sich die Ölindustrie in die Tasche stecken.

Expert:innen sind sich einig wie selten: der Tankrabatt ist Unsinn

So oder so – unter Wirtschaftsexpert:innen ist die Meinung einhellig, dass der Tankrabatt nicht sinnvoll ist. Vielfach werden als Kritikpunkte genannt, dass der Tankrabatt eine Entlastung mit der Gießkanne sei. Hauptsächlich komme der Rabatt so bei Wohlhabenden an, die häufiger Autos besitzen und weitere Strecken fahren als ärmere Menschen. Ebenso sei es ein fatales Signal im Angesicht der Klimakrise fossile Energieträger noch zu bezuschussen. Schmerer und Hansen resümieren: „Dieses Experiment macht ökologisch und ökonomisch keinen Sinn.“

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