Mentale Gesundheit
#MentalHealthCare an den Arbeitsplatz!
Mit einem sonnigen Gemüt und einem beneidenswerten Teint präsentiert sich Nora Blum nach erlebnisreichen Monaten zurück in Deutschland. „Aber keine Spur von Langeweile“, beteuert sie mit breitem Grinsen. „Die letzten rund acht Jahre mit Selfapy vergingen gefühlt wie ein Wimpernschlag. Seit der Niederlegung meiner operativen Geschäfte im vergangenen Sommer habe ich mehr Dinge erlebt als je zuvor.“ Dabei kam ihre große Leidenschaft, das Reisen, nicht zu kurz: Städtetouren mit dem Zug durch Europa. Epische Wanderungen entlang der Küste Portugals. Ein Lauf-Marathon und etliche Festivals und Partys. Nora Blum strahlt vor Kraft.
Als das Gespräch auf das Thema Stressmanagement umschwenkt, erzählt die 32-jährige Psychologin gefasst und bedacht von einer Zeit, in der Stress auch für sie selbst kein Fremdwort war. Mit 24 gründete sie mit Katrin Bermbach ihr eigenes Unternehmen, verantwortete in Zeiten dabei über 100 Mitarbeitende und verwaltete beeindruckende 18 Millionen an Investorengeldern.
Erwartungshaltung hinterfragen
„Es war eine extrem stressige Zeit“, gesteht Nora. Schlaflose Nächte, konstante Gedanken um negative Themen und hohe eigene Ansprüche an Leistung begleiteten sie durch diese herausfordernde Phase. Als Psychologin konnte sie sich nicht wirklich selbst therapieren. „Ganz nach dem Motto ‚Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe‘ holte ich mir punktuell Unterstützung durch einen Coach, als es nötig war. Ich habe mich schon immer viel über Leistung definiert, mir ab und an leider ein bisschen zu viel aufgeladen.“
Ihre neugewonnene berufliche Freiheit nutzt sie heute, um ihr Wissen und ihre Empfehlungen zu Stress in Vorträgen und Workshops weiterzugeben. Der Ton wird ernster, als Nora über Mental Health Care am Arbeitsplatz spricht. „Erschöpfung ist ein Hauptgrund für Arbeitsunfähigkeit“, gibt sie zu bedenken. Sie plädiert für Entlastung, klare Prioritäten und regelmäßige Gespräche. Führungskräfte sollten die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden priorisieren und transparent über schwierige Situationen kommunizieren. „Und dabei nie vergessen, dass die Leistung der Mitarbeitenden und wirtschaftliche Ergebnisse klar getrennt voneinander betrachtet und bewertet werden müssen“, schiebt sie nach.
Besonders aktuell, wo gerade Start-ups die Mitarbeitenden eher runterschrauben, sieht sie die Erwartungshaltung der Unternehmen kritisch: „Die gleiche Arbeitslast auf weniger Mitarbeitende umzulegen, löst längerfristig keine Probleme.“ Die langjährige Erfahrung aus der Arbeit im Gesundheitswesen bestärkt sie in der Erkenntnis. „Es gilt, Prioritäten neu zu setzen und die Mitagierenden in die Strategie einzubinden. Sie müssen einfach die nötige Wertschätzung erfahren, um selbstwirksam und autonom handeln zu können.“
Vier Tipps für die psychische Gesundheit
Nora gewährt Einblicke in ihre Strategien zur Stärkung der psychischen Gesundheit: Sie betont die Bedeutung einer gründlichen Analyse der eigenen Stressantreiber. Sie rät zu betrachten, welche inneren Einstellungen Stress auslösen. Bin ich sehr perfektionistisch? Will ich es immer allen recht machen? Sie appelliert an die Notwendigkeit, die innere Erwartungshaltung zu hinterfragen: „Oft ist es nicht der äußere Reiz wie die Deadline oder der Kunde, der uns stresst, sondern unsere überhöhten Ansprüche und die Bewertung der Situation.“
Ein weiterer wichtiger Punkt in ihrem Ansatz ist das Setzen von Handlungsimpulsen. „Raus aus der Opferrolle!“, lautet ihre klare Aufforderung und sie ermutigt dazu, mit Kolleg:innen oder der Führungskraft offen Probleme anzusprechen, klare Grenzen zu setzen und aktiv an Lösungen zu arbeiten, um einen konstruktiven Weg aus den herausfordernden Situationen zu finden.
Die Fähigkeit zur Akzeptanz und Gelassenheit bildet einen weiteren Eckpfeiler. Nora unterstreicht, dass es Dinge gibt, die man nicht ändern kann. Die Akzeptanz solcher unveränderbaren Umstände schafft echte Entlastung und bedeutet keineswegs Resignation, sondern eine bewusste Entscheidung, sich nicht an unveränderbaren Aspekten zu reiben.
Abschließend betont sie die Bedeutung aktiver und bewusster Entspannung in stressigen Phasen. „Nimm dir nötige Zeit dafür – und setze es aber auch wirklich um!“, betont sie. In dieser Hinsicht legt sie Wert darauf, aktiv in die Erholung zu gehen und positive Wahrnehmungen zu fördern. Dies bildet einen Schlüssel zur psychischen Gesundheit, gerade in Zeiten erhöhten Drucks.
„Probiert‘s mal mit Freundlichkeit!“
Ein simples, aber unfassbar effizientes Mittel zaubert die Psychologin noch hervor: Freundlichkeit wirke gegen Stress wahre Wunder! „In Zeiten des Hochdrucks dreht man sich oft um die eigene Achse. Das Stresshormon Cortisol steigt und sofort geht der Blickwinkel nur auf uns und unsere Probleme“, erklärt sie. „Freundliche Handlungen für andere hingegen können diesen Tunnelblick tatsächlich durchbrechen, den eigenen Stress
reduzieren und sogar ein Gefühl von Lebenszufriedenheit schaffen.“
Dabei reiche es zum Beispiel, Kolleg:innen etwas Gutes zu tun oder Nachbar:innen einmal grundlos zu helfen. „Gerade dann, wenn man denkt, man habe gerade keine Zeit. Ich bin ja so im Stress!“ Aus psychologischer Sicht entsteht damit ein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Und das führe wiederum auch dazu, dass Menschen ihre Zeitkalkulation wieder „geraderücken“. Simple Mittel von einer simplen Revolutionärin.