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Thinktank

Josef, wie geht eigentlich Gründen?

Josef Brunner im Gespräch mit Rocketeer
Gastautor Josef Brunner teilt die wichtigsten Learnings auf dem Weg zur eigenen erfolgreichen Unternehmensgründung.

Mit großer Begeisterung sehe ich, wie viele zumeist junge Menschen hart daran arbeiten, ihren Traum vom Unternehmertum zu verwirklichen. Einige dieser jungen, schlauen und ambitionierten Köpfe darf ich als Mentor unterstützen. Da ich aber leider nicht alle, die sich bei mir melden, unterstützen kann, habe ich im Folgenden die aus meiner Sicht wichtigsten Fragestellungen, Antworten und Impulse, die ich setzen möchte, zusammengefügt. Detaillierter habe ich das Ganze auch in meinem Buch beschrieben.

Vielleicht hilft Euch dieser sehr überschaubare erste Leitfaden, um die richtigen unternehmerischen Weichenstellungen zu setzen.

Das Team

Aus meiner Sicht ist das Team der entscheidende Erfolgsfaktor. Dabei will ich diesen Begriff nicht nur auf das Gründungsteam limitieren, sondern breiter fassen. Dennoch möchte ich damit beginnen.

Wenn Ihr Euch nach Mitstreitenden umseht, die Euch auf Eurer Reise begleiten, achtet darauf, dass Ihr zusammen ein komplementäres Gesamtbild abgebt. Überlegt Euch, welche Fähigkeiten Ihr auf Eurer Reise brauchen werdet und überlegt, ob Ihr diese (als Team) mitbringt. Schaut dabei nicht nur auf das Fachliche, sondern auch auf das Menschliche. Die Zeiten werden rau werden, Ziele werden nicht erreicht, harte Veränderungen können kommen. Um durch diese raue See zu navigieren, müsst Ihr eine geschlossene Vertrauenseinheit sein, die sich gegenseitig stützt. Erstgründern rate ich deshalb auch von Solo-Gründungen ab.

Diesen Gedanken der komplementären Teamaufstellung solltet Ihr im nächsten Schritt auf die gesamte Organisation, inklusive Eurem Board beziehungsweise Beirat ausweiten. Welche Investoren brauche ich, welches Netzwerk und welche Zugänge sollten meine Business Angel mitbringen, was ist Euch bei Führungskräften wichtig und welche Kultur möchte ich in meinem Unternehmen haben? Das ganze immer relativ zum strategischen Zielbild, das wir als nächstes beleuchten.

Strategisches Zielbild

„Ich brauche nur noch eine Idee“ – ein Satz, den ich oft höre. Was soll ich gründen, was soll ich machen, welches Problem muss gelöst werden? Fragen, die viele von Euch bewegen. Aber eventuell nicht die richtigen.

Wenn Ihr so denkt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr „inkrementell“ agiert, hoch. Ihr entdeckt ein Problem, baut eine Lösung und arbeitet stets daran, die Lösung, Euer Produkt zu verbessern. Von unten nach oben, von innen nach außen sozusagen.

Ich empfehle eine andere Vorgehensweise.

Schaut Euch an, wie sich Märkte verändern. Welche externen Impulse wirken auf welche Märkte wie ein? Welche Veränderungen bedingen diese über welchen Zeitrahmen?

Technologie, Nachhaltigkeitsanstrengungen, Geldmarktpolitik, Demographie, Ressourcenknappheiten oder Gesetzesvorhaben sind einige der Impulse, die Märkte fundamental verändern. Wenn Ihr verstanden habt, welche Märkte sich verändern werden, könnt Ihr Euch im nächsten Schritt überlegen, mit welcher Geschwindigkeit diese Evolution stattfinden wird. Ab einem gewissen Punkt wird diese Marktevolution einen Reifegrad erreicht haben, der es Euch erlaubt, als erster zum richtigen Zeitpunkt mit einem Angebot in diesen Markt zu gehen und Euer Angebot erfolgreich zu platzieren. Ihr müsst also zwei kongruente Evolutionszyklen übereinander bringen: Die Eurer Fima und die des Marktes.

Daraus leitet Ihr Euer strategisches Zielbild ab und dieses Zielbild definiert alles. Wirklich alles in Eurer Firma. Welches Talent brauche ich? Welches Netzwerk und welche Expertise im Beirat und Gesellschafterkreis würde mir helfen? Wann gehe ich mit meinem Produkt in den Markt? und so weiter.  Auch die wichtige Frage, wie viel Geld Ihr dazu braucht, lässt sich daraus ableiten.

Fundraising

Never raise too much but definitely enough. Ein richtiger Satz, den man sich aber genauer anschauen sollte.

Sobald Ihr Euer Zielbild formuliert habt, solltet Ihr daraus Meilensteine ableiten, die Ihr erreichen werdet und Hypothesen, die Ihr validiert. Diese Punkte können dann auch Orientierung für Euere Finanzierungsrunden geben. Sowohl die Höhe als auch den Zeitpunkt könnt Ihr anhand dieser Meilensteine modellieren. In anderen Worten, wie viel Geld benötige ich, um über welchen Zeitraum, welche Hypothesen zu validieren und Meilensteine zu erreichen. Konkreter und beispielhafter formuliert:

Mit 500,000 Euro werde ich innerhalb von 12 Monaten ein Prototyp entwickelt haben, der für 10 Kunden eine Energiekostenreduzierung im Gebäudemanagement von durchschnittlich 12% realisiert haben wird.

DNA

Wer seid Ihr?

Eine so wichtige und auf den ersten Blick so einfache Frage. Dennoch bekomme ich darauf selten eine kurze präzise Antwort. Meistens, nach einer kurze Pause, eine längere, komplexe und verschachtelte Verklauselung, die zeigt, dass wenige Gründer wirklich auf den Punkt bringen können, wer sie als Unternehmen sind, was das Unternehmen auszeichnet, welche Marktposition man einnimmt und woraus sich die kommerzielle Existenzberechtigung ableitet.

Wenn Ihr nicht einfach beschreiben könnt, wer ist seid und was ihr macht, habt Ihr eventuell selbst noch nicht verstanden, wo Ihr hinwollt. Simplicity Is Complexity Resolved, heißt es so schön.

Denn nur wenn Ihr das wisst, könnt Ihr definieren, was Euch ausmacht und das wiederum wird für das Hiring entscheidend sein. Seid Ihr eine Sales-Firma? Definiert Ihr Euch über Technologie? Habt Ihr die besten Mitarbeitenden? Ihr könnt in der Regel nur in einer Sache das beste Unternehmen sein. Macht eine Sache, aber macht sie gut! Hier empfiehlt sich auch ein Blick in dieses Video.

Mentoren

Abschließend möchte ich Euch noch an Herz legen, Euch einen Mentor zu suchen. Diese Partnerschaft zwischen Mentor und Mentee kann einmalig, wichtig und für beide Seiten wertstiftend und entwicklungsfördernd sein. Mentoring war und ist für mich keine Einbahnstraße. Beide Seiten profitieren.

Ich kann für mich klar sagen, dass ich nicht dort stünde, wo ich heute stehen darf, hätte ich nicht meine Mentoren gehabt. Sucht Euch Menschen, die zu Euch passen, mit denen es klickt, baut ein Vertrauensverhältnis auf und nutzt sie als Ratgeber. Ein guter Mentor wird Euch nie sagen, was Ihr tun sollt. Aber er oder sie kann Euch Impulse geben, die Euch dabei helfen, die Frage, die Euch beschäftigt, selbst zu beantworten.

Viel Erfolg!

 

Über Josef

Josef Brunner ist erfolgreicher Unternehmer und Investor. Er engagiert sich als aktiver Aufsichtsrat in börsennotierten und privat-gehaltenen Firmen in den USA und Europa und berät große Industrieunternehmen und Regierungsorganisationen.Josef hat verschiedene Firmen gegründet und erfolgreich veräußert. Unter anderem war er Gründer von JouleX, das für 107 Millionen Dollar von Cisco übernommen wurde und relayr, das für 300 Millionen Dollar von MunichRE gekauft wurde.

Über seine Investment-Firma investiert er in Unternehmen, die die Energiewende und nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft maßgeblich vorantreiben. Vor kurzem hat er verkündet, tado, ein Münchner Energie-Management Unternehmen, über seinen SPAC GFJ an die Frankfurter Börse zu bringen. 

Du möchtest dich mit Josef vernetzen? Hier entlang.

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