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Digitaltheater

Digitaltheater: Grenzenloses Bühnenspiel der Digitalisierung

Bilder: Jan-Pieter Fuhr, Christian Schläffer
Eintauchen in virtuelle Welten und hautnah am Geschehen dabei sein: Dieser neuen Form von Kunst widmet sich das Digitaltheater am Staatstheater Augsburg. Tina Lorenz, Leiterin des Digitaltheaters, nimmt das Publikum mit in bisher unbekannte Dimensionen.

Die Digitalisierung breitet sich in fast jedem Lebensbereich aus. Warum dann nicht auch am Staatstheater Augsburg, dachte sich dort der Staatsintendant André Bücker 2019. ­Bereits vor der Corona-Pandemie sollte dies in Form der hybriden Oper „Orfeo ed Euridice“ ­ausprobiert werden. Schließlich sind auch der Theaterwelt ihre Grenzen gesetzt, wenn lebensecht gezeigt werden soll, wie Orfeo in die sagenumwobene Unterwelt hinabsteigt, um seine Frau Euridice zu retten. Genau hier sollten ­zusätzlich zum Operngeschehen vor Ort auch VR-Brillen ­eingesetzt werden, die den Bühnenraum der ­Interimsspielstätte im Martini-Park grafisch ­erweitern. Kurz vor der Premiere trat jedoch der erste Lockdown ein und die Pläne mussten geändert werden. „Also haben wir die VR-Brillen zu ­unserem Publikum nach Hause gebracht. ­Natürlich unter Einhaltung der Corona-Bestimmungen. Wir haben in Kooperation mit der Augsburger Agentur Heimspiel begonnen, ­360-Grad-Videoproduktionen zu erstellen. Daraus haben sich mittlerweile elf Produktionen entwickelt“, sagt Tina Lorenz. Das war der Beginn der Sparte Digitaltheater. ­Dabei ist das Staatstheater Augsburg sogar eines der ersten Theater in Deutschland, das sich diesem Aufgaben­gebiet gewidmet hat.

Das Digitaltheater versucht, digitale Methoden und Ästhetiken zu nutzen, um Theatergeschichte zu erzählen und Geschichten auf die Bühne zu bringen. Das kann verschiedene Formen ­annehmen: Mixed Reality, Virtual Reality oder Augmented ­Reality. „Wir versuchen immer wieder, neue Technologien zu finden, mit denen wir dann spielen, um rauszufinden, wie wir sie für uns nutzbar ­machen können“, erklärt die Projektleiterin für ­Digitale Entwicklung am Staatstheater Augsburg.

Theater zum Mitmachen

Die aktuelle Spielzeit ist bis Juli 2023 in vollem Gange. Nach der erfolgreichen Uraufführung von „Unser Leben in den Wäldern“ freuen sich Theaterliebhaber:innen nun besonders auf den Sommer. Dann werden sie das Single Player VR-Game „Erwartungen“ erleben. „Die Oper hat ursprünglich nur eine Länge von 30 Minuten, ­sodass sie sich zwar nicht für eine Bühnenauf­führung, aber für eine VR-Produktion eignet. ­Erwachsene schlüpfen dabei in die Rolle der ­Protagonistin und spielen eine eher düstere ­Geschichte“, äußert ­Lorenz.

Wer sich ein solches Erlebnis für zu Hause ­sichern möchte, bestellt die VR-Brille wie eine Theaterkarte online auf der Website des Staatstheaters Augsburg. Anschließend kommt diese per Post und jede:r hat ein ganzes Wochenende Zeit, um die Stücke anzuschauen. Danach wird das ­Paket mit dem beiliegenden Rücksendeschein ­einfach zurückgeschickt. Zudem sind die VR-­Brillen technologisch barrierearm, denn es gibt nur eine einzige AN-Taste. Somit reicht das Spektrum der begeisterten Nutzer:innen laut Lorenz von 20 bis 80 Jahren. Wer selbst über die technische ­Ausstattung verfügt, kann sich die Produktionen auch gleich auf die eigene Brille streamen lassen.

Endlose Möglichkeiten

Die digitale Welt so vielen Nutzergruppen wie möglich zugänglich zu machen, ist ein Ziel des ­Digitaltheaters. Daher gibt es auch eine Initiative zu Barrierefreiheit und Inklusion, die systematisch weiter ausgebaut wird. „Gemeinsam mit einer ­Gebärdensprachendolmetscherin wurde eine VR-Produktion entwickelt, die es nichthörenden ­Menschen ermöglicht, zeitgleich Handlung und Sprache mitzuverfolgen. Bei einem reinen Bühnen­auftritt müssten diese Personen sich entweder für das eine oder das andere entscheiden, da die Dolmetscher:innen sonst an der Seite stehen“, sagt die Verantwortliche des Digitaltheaters.

Auch für die kommende Spielzeit sind einige aufregende Projekte geplant. Die genauen Details behält die Rocketeer-Festival-2023-Speakerin ­jedoch noch für sich. Aber so viel sei schon einmal gesagt: Auch Motion Capture wird eine Rolle ­spielen, sodass die verschiedenen Bewegungen der Schau­spieler:innen digitalen Figuren ihr Leben einhauchen.

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