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Thinktank

Cornelia, wie wird digitales Marketing nachhaltig?

Cornelia Umbach über grünes, digitales Marketing und die besten Maßnahmen auf dem Weg dorthin.

Das Internet und die damit verbundenen Geräte und Dienste verbrauchen laut Studien weltweit mehr als 3% Energie und damit ähnlich viel wie der Flugverkehr. Bei Google nach Informationen suchen, Online shoppen, YouTube Videos ansehen sowie als Unternehmen digitale Inhalte zur Verfügung stellen, IoT nutzen und digital werben verursachen also Emissionen, über die wir uns bisher kaum Gedanken machen.

Um es klarzustellen: durch die folgenden sechs Maßnahmen für grünes, digitales Marketing werden wir den Klimawandel natürlich nicht stoppen. Gleichzeitig bin ich überzeugt davon, dass künftig bei allen Investitions- und Konsumentscheidungen unsere erste, reflexartige Frage lauten sollte: Brauche ich das zur Erreichung meiner Ziele oder geht es auch mit weniger Emissionen bei ähnlichem Nutzen? Hier sind die Themen, bei denen wir uns die „geht es auch mit weniger Emissionen?“ Frage stellen können:

Webseiten-Design und Tracking optimieren

Das Speichern von Webseiten-Inhalten in Daten Centern, Übertragen über Netzwerke und Laden auf unseren Endgeräten benötigt Energie. Im Mittel hat sich die Größe von Webseiten in den letzten 10 Jahren mehr als verdreifacht. Vor allem Videos sind dabei ein Treiber. So fallen aktuell 80% der im Internet übertragenen Daten für Videos an.

Videos und Bilder

Hinterfragt also, ob alle Videos auf der Webseite für die Erreichung eurer Marketingziele notwendig sind oder teilweise auch Banner oder kürzere Videos zum Ziel führen. Auch das Komprimieren und Konvertieren von Bildern spart Daten beim Laden. Optimiert das CMS automatisch die Größe hochgeladener Fotos und konvertiert sie ggfs. in innovativere Dateiformate?

Webseiten-Design und Tracking

Auch Design, Programmierung und Tracking haben Einfluss auf den Energieverbrauch beim Laden der Webseite auf Endgeräten. Scoring Tools wie ecograder.com liefert spezifische Verbesserungspotenziale für die eigene Webseite und sustainablewebdesign.org einen guten Überblick, was alles zu nachhaltigem Webdesign gehört.

Wirtschaftlicher Vorteil

Einen wirtschaftlichen Vorteil hat das Ganze auch: wenn eine geringere Datenmenge übertragen wird, sinkt die Ladezeit der Webseite. Eine kurze Ladezeit wirkt sich positiv auf die Absprungrate aus und meist verbessern sich dadurch auch die SEO Rankings.

Werbemittel und gepostete Inhalte optimieren

Auch Banner und Videos, die als Werbemittel für Kampagnen verwendet und auf den Social Media Plattformen gepostet werden, kommen auf den Prüfstand. Kann ich manche Videos, die ich vor vier Jahren auf YouTube oder Facebook gepostet habe und die kaum Klicks und Kommentare haben, löschen?

Und erreiche ich meine Marketingziele in einigen Fällen mit Bannern genauso gut wie mit Videos? Wenn Videos für die Übermittlung der Markenbotschaft oder der Visualisierung des Produktes notwendig sind, am besten möglichst kurze Videos verwenden. Marke und Produkt in unter 60 Sekunden vorzustellen, ist eine Kunst. Gleichzeitig wird man dadurch gezwungen, den Nutzen des Produkts prägnant zusammen zu fassen. Das steigert wiederum oft VTR und CTR und somit die Performance der Kampagne.

Grünes Hosting wählen

In der EU waren Rechenzentren 2018 für 2,7% des Stromverbrauchs verantwortlich. Neben Kommunikations-, Produktivitäts-, CRM- und ERP-Tools sowie Big Data und KI hat auch Hosting einen Anteil am Stromverbrauch. Deshalb ist es sinnvoll, auf grünes Webhosting für eure Webseite umzusteigen. Denn grüne Hosting-Anbieter garantieren, dass ihre Server ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ein Vergleich grüner Webhoster findet ihr z. B. auf utopia.de.

CO2-Emissionen messen und kompensieren

Es gibt bereits vereinzelt Agenturen und Vermarkter, die Berechnungsmodelle für den CO2-Fußabdruck einer Kampagne entwickeln. Noch steckt das Thema in den Kinderschuhen und ist oft eher gute PR für die Dienstleister. Ernsthaft betrieben, werden Emissions-Metriken wie „CO2 per Impression“ aber in Zukunft nicht nur gemessen, sondern auch bei der Planung von Folgekampagnen berücksichtigt.

Zudem könnt ihr in Klimaschutzprojekte investieren, um die entstandenen Emissionen zu kompensieren. Kompensation ist im Vergleich zur Vermeidung ohne Frage zweite Wahl, aber es ist ein Anfang. Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick hat im Herbst 2021 z. B. bei einer Kampagne versucht, Emissionen zu vermeiden sowie die anfallenden zu quantifizieren und zu kompensieren.

Vermarkter nach Nachhaltigkeit aussuchen

Achtet darauf, ob die Vermarkter, mit denen ihr zusammenarbeitet, nach ISO-Standards oder einem anderen anerkannten Rating zertifiziert sind. Und ob sie darüber hinaus fachspezifische Ansätze entwickeln, wie ein Kunde im Tagesgeschäft bei gleicher Performance Emissionen vermeiden oder reduzieren kann.

DoubleVerify, ein Experte für Anzeigensichtbarkeit und Brand Safety, entwickelt z. B. zusammen mit Scope3, einem Spezialisten für Emissionsdaten gerade eine Metrik für den CO2 Fußabdruck von Werbeeinblendungen.

Nachhaltige Suchmaschinen nutzen

Die Suchmaschine Ecosia aus Berlin verwendet ihren gesamten Gewinn, um weltweit regional sinnvolle Bäume zu pflanzen. Ecosia arbeitet auf Basis des Bing-Algorithmus, die Suchergebnisse inkl. Textanzeigen stammen also von Bing. Ecosia finanziert sich, in dem es von Bing einen Teil der Einnahmen aus den Textanzeigen bekommt.

Als Unternehmen auf Ecosia.de mit Textanzeigen werben könnt ihr entsprechend über Bing. Der Traffic ist teilweise günstiger und von besserer Qualität als bei Google.

FAZIT – „geht es auch mit weniger Emissionen?“ ist eine Frage, die immer geht

Mit den sechs Maßnahmen für nachhaltiges, grünes Online Marketing werden wir wie anfangs schon klar gestellt, den Klimawandel nicht stoppen Das ist nur durch Reduktion unseres Energieverbrauchs und den Umstieg auf erneuerbare Energien möglich.

Und unter dem Strich muss digitales Marketing trotzdem wirkungsvoll bleiben. Manche Produkte lassen sich durch anschauliche Videos einfach besser vermarkten. Und eine stark reduzierte Website wie das nachhaltige Theme von WordPress ist sicher für viele Marken graphisch zu reduziert, um das Markenimage darzustellen.

Aber die Frage „geht es auch mit weniger Emissionen?“ ist für mich ein guter Start, um unsere Eigenverantwortung in allen Lebensbereichen wahrzunehmen und somit auch im digitalen Marketing.

 

Ihr interessiert euch für Nachhaltigkeit in Unternehmen?

 

Über Cornelia

Cornelia Umbach ist Gründerin der Digital Marketing Beratung Digital-Pilotin.de. Vertraute beschreiben die Hobby-Pilotin als analytische Zuhörerin, die das Wesentliche schnell erfasst, immer auf der Suche nach Lösungen ist und ehrliches Feedback gibt. Nach 12 Jahren als Teamleiterin für Key Account Management bei der Performance Marketing Agentur explido und iProspect hat sie ihre eigene strategische Beratung für digitales Marketing gegründet, um Unternehmen von Online Marketing, datenbasierten Analysen und UX Design zu begeistern.

 

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