Zukunftsgeist
Zukunft beginnt heute, Zukunft beginnt in uns

Das Jahr 2020. Waldbrände wüten in Kalifornien und kommen auch dem Haus von Frederik Pferdt und seiner Familie immer näher. Schließlich ist es so weit – sie werden evakuiert, wissen nicht, ob sie je wieder in ihr Haus zurückkehren können. Was viele als eine Katastrophe empfinden, was vielen Angst machen würde, hat Frederik für sich und seine Familie in eine Chance gewandelt. „Statt mich in Angst zu verlieren und Dinge zu tun, die ich nicht unter Kontrolle habe, habe ich die Situation genutzt und mich gefragt: Wie will ich in Zukunft leben?“, erzählt er heute, bald fünf Jahre später, und strahlt dabei Ruhe und Zufriedenheit aus. „Das hat dazu geführt, dass wir unsere Lebensweise radikal überdacht und verändert haben.“
Zukunftsgeist statt Opferrolle
Jeder Mensch hat zu jedem Moment die Möglichkeit, zu entscheiden, wie die eigene Zukunft aussieht. Davon ist Frederik überzeugt. Auch wenn niemand kontrollieren kann, ob Waldbrände ausbrechen oder ob man krank wird – jeder kann immer entscheiden, wie man damit umgeht und aus welcher Perspektive man die Situationen betrachtet. Als Problem und etwas, das uns zu Opfern macht – oder als Chance, sich zu verändern, einen Neubeginn zu wagen und über sich hinaus zu wachsen.
Zukunftsgeist nennt Frederik das. Die Fähigkeit, mit Optimismus, Offenheit, Empathie, Experimentierfreude und Neugier den Veränderungen zu begegnen und den eigenen Kurs zu bestimmen, unabhängig von den Umständen. „Man wächst genau an diesen einzigartigen, teilweise unangenehmen Erfahrungen. Da zeigt sich das größte Wachstum“, sagt Frederik. In seiner Stimme liegen Verständnis und Empathie für Menschen in schwierigen Situationen – aber auch eine Klarheit, die Verantwortung für die eigene Zukunft zu übernehmen.
Wie möchte ich mich in Zukunft fühlen?
Statt sich zu fragen, was die Zukunft bringen mag, stellt Frederik sich die Frage: Welche Zukunft möchte ich gestalten und wie möchte ich mich in Zukunft fühlen? „Wer sich diese Frage stellt, fängt an, schon heute bewusste Entscheidungen zu treffen, statt sich von äußeren Umständen treiben zu lassen.“ Denn Gefühle sind eine Brücke zwischen unserer inneren Welt und der Zukunft, die jeder erschaffen kann. Wichtig für Frederik ist, sich hier nicht nach Dingen zu fragen, wie etwa einem besseren Haus oder einem besseren Job. Das führe sonst zu äußeren Zielen, die vielleicht kurzfristig zufriedenstellen, aber nicht wirklich erfüllen. Stattdessen: nach Adjektiven fragen. „Möchte ich mich geborgen fühlen, wenn es um ein Haus geht? Ein geborgenes Zuhause muss nicht das größte oder teuerste sein. Es geht also nicht darum, was wir haben, sondern wie wir uns dadurch fühlen.“
Unsere Vorstellungskraft wächst, wenn wir sie benutzen, und das ermöglicht uns, unsere Ziele zu erreichen. Es entwickeln sich Visionen, Innovationen werden möglich. „Man muss sich erstmal vorstellen, wie die Zukunft aussehen könnte, bevor man sie entwickelt. Sobald man sie sich vorstellen kann, sind die Chancen groß, dass man die richtigen Schritte in diese Richtung geht“, sagt Frederik. Zwölf Jahre lang hat er als erster Chief Innovation Evangelist bei Google gearbeitet und weltweit mit tausenden Google-Mitarbeitenden gesprochen. Er sollte verstehen, wie dort Innovation stattfindet, um eine Innovationskultur aufzubauen. Dabei ist er zu einer überraschenden Erkenntnis gekommen: „Innovation passiert nicht, wenn wir große Investitionen tätigen, wenn wir Menschen in kreative Räume stecken oder wenn wir sie eine gewisse Luft atmen lassen. Innovation und auch Zukunft entsteht dann, wenn wir die richtige Perspektive haben.“ Eine Perspektive radikalen Optimismus, die ein Glas nicht nur halb voll sieht, sondern das Potenzial, es weiter zu füllen.
Zukunftsgeist in anderen wecken
Jeder Mensch ist kreativ und hat die Fähigkeit, innovativ zu sein. Denn jeder ist mit diesem Zukunftsgeist auf die Welt gekommen. „Aber sobald wir erwachsener werden, lässt unser Umfeld meistens nicht das zu, was zu Innovation führt – Vorstellungskraft.“ Den Zukunftsgeist und die Vorstellungskraft kann aber jeder wieder lernen und gezielt trainieren: Statt sich über Dinge zu beschweren, wieder mehr Fragen stellen, und zwar der Welt und sich selbst. Seinem zukünftigen Ich begegnen, sich fragen, wie man sich in Zukunft fühlen möchte. Sich das eigene Leben in fünf Jahren vorstellen. Wer bin ich und wie bin ich gewachsen? Welchen Aufgaben stelle ich mich? Und wie bin ich dorthin gekommen?
Wer das selbst tut und anderen einen Zukunftsgeist vorlebt, kann diesen auch als Führungskraft in seinen Mitarbeiter:innen auslösen. „Wenn ich eine Bäckerei führe und morgens mit einer optimistischen, inneren Haltung komme. Wenn ich davon ausgehe, dass es ein super Tag wird, den man gemeinsam gestaltet. Meinen Kund:innen vielleicht Komplimente ausspreche – dann zeige ich Zukunftsgeist, der sich dann auch auf meine Mitarbeitenden übertragen kann.“
Frederik selbst sieht sein Zukunfts-Ich in fünf Jahren sehr klar. „Ich habe dann vielen Menschen geholfen, sich nicht nur eine bessere Zukunft vorzustellen, sondern sie auch mit Freude und Experimentierlust zu gestalten.“ Auch heute bekommt er schon Nachrichten von Menschen, denen das gelungen ist. „In fünf Jahren ist bei sehr vielen Menschen weltweit der Zukunftsgeist entfacht und wir haben alle mehr Lust und Freude an der Zukunft und sagen nicht mehr ,Früher war alles besser‘, sondern ,Morgen wird alles besser‘.“ Eine Vision, für die es sich lohnt, loszugehen.
»ES GEHT ALSO NICHT DARUM, WAS WIR HABEN, SONDERN WIE WIR UNS DADURCH FÜHLEN.«
– Dr. Frederik G. Pferdt
Vita
Dr. Frederik G. Pferdt ist Zukunftsoptimist und preisgekrönter Autor. Als erster Chief Innovation Evangelist bei Google hat er die Innovationskultur weltweit geprägt. Er lehrte an der Stanford University und inspiriert Menschen, ihren Geist zu entfalten und eine bessere Zukunft zu gestalten. Geboren und aufgewachsen in Ravensburg, lebt er heute mit seiner Familie naturverbunden in Santa Cruz, Kalifornien. Er hat auf jedem Kontinent gelebt und gearbeitet und eine Leidenschaft für das Neue: Eine Zeitlang hat er Dinge nie zweimal gemacht. Sein englischer Bestseller „What’s Next Is Now“ erschien am 27. März in deutscher Sprache: „Radikal besser – Entfache den Zukunftsgeist, der in dir steckt“ (Murmann, 2025).